2. Fastensonntag 2021
Annette von Droste-Hülshoff
Am zweiten Sonntag in der Fasten
Evang.: Vom Cananäischen Weibe
Liebster Jesu, nur Geduld!
Wie ein Hündlein will ich spüren
Nach den Brocken deiner Huld,
Will mich lagern an die Türen,
Ob von deinen Kindern keines
Mir ein Krüstlein reichen will,
Hungerglühend, doch in meines
Tiefen Jammers Kunde still.

Um Geduld fleh ich zu dir:
Denn ich muß in großen Peinen
Einsam liegen vor der Tür,
Wenn von deinen klaren Weinen,
Deinen lebensfrischen Gaben
Mir der Duft herüberzieht.
Ach, ein Tropfen kann mich laben,
Meine Zunge ist verglüht!
Weil ich fast in meiner Pein
Schaue wie aus Kindesaugen,
Meinen oft die Diener dein,
Daß ich mag zum Gaste taugen.
In Erbarmen ganz vermessen
Reichen sie die Schüsseln hin;
Doch ich will es nicht vergessen,
Daß ich wie ein Hündlein bin.
O, zum allergrößten Heil
Muß es mir bei dir gereichen,
Daß dir, o mein einzig Teil,
Nichts an Langmut zu vergleichen!
Denn es will mir öfters fahren
Durch die Glieder wie ein Blitz,
Deinen Kindern mich zu paaren,
Rasch erringend einen Sitz.
…