Der Weihnachtsmann auf dem Löwensenf

Seit Jahren bekommt meine Freiburgsekretärin aus irgendwelchen dubiosen Quellen einen Adventskalender. Früher waren diese durchaus einigermaßen liebevoll gemacht, die letzten Jahre aber herrschte Eintönigkeit vor. Einzig der Inhalt, Lindt Schokolade, war geschmacklich treffsicher.

Weihnachtsmann
Der Weihnachtsmann auf dem Löwensenf

Dieses Jahr zeigte sich, das Lindt auch nicht mehr das ist, was es einmal war. Jener Weihnachtsmann, Machwerk einer dunklen Fantasie, steckte ausgerechnet in der Kiste zum sechsten Dezember. Ist der Weihnachtsmann per se eine Verhohnepiepelung des Heiligen Nikolaus, so ist der schwarze Wicht eine Veräppelung des Weihnachtsmanns. Umgehend flog er am 6. Dezember auf den großen Sammelteller für Weihnachtssüßigkeiten und gammelte dort vor sich hin. Niemand wollte ihn, niemand beachtete ihn.

So hätte es bleiben können bis Ultimo, dann wäre er irgendwann einmal in der Biomülltonne entsorgt worden. Natürlich mit Alu drumherum.

Gestern Abend, meine Sekretärinnen deckten gerade den Abendbrottisch, geschah das Unfassbare. Unbemerkt von allen hatte der schwarze Weihnachtsmann den Abendbrottisch erklommen und, um sich mehr Größe zu verschaffen, auch noch das Senfglas erklettert.

Er fordere ab sofort mehr Beachtung, ließ er uns mit lauter Fistelstimme hören, ansonsten geschehe schreckliches. Meine Annisekretärin kam mir zuvor und wollte wissen, welche Art von Unheil uns widerfahren solle.

Die Antwort kam prompt. Er, der kleine schwarze Mann, wolle sich unverzüglich in den Senf stürzen (falls ihm jemand höflicherweise das Glas öffne) und damit den ganzen Senf ungenießbar machen. Wir würden dann schon sehen, was wir davon hätten, nämlich Streptokokken, Pneumokokken und Salmonellen.

Das gefiel mir, das kleine verhunzte Weihnachtsmännlein schien doch ein netter Kotzbrocken zu sein. Meine Annisekretärin war ähnlich erfreut wie ich und holte Luft, um die nächste Frage zu stellen, doch da langte aus dem Hintergrund schon meine Freiburgsekretärin zu und sagte mit einem Schluchzen in ihrer Stimme, „armer schwarzer Weihnachtsmann, du sollst nicht länger leiden“!


Und haste nicht gesehen, war der Weihnachtsmann entblättert und wanderte bar jeder biologischen Verseuchung in den Mund meiner Freiburgsekretärin.

„Bist du bescheuert“, entfuhr es meiner Annisekretärin, „warum hast Du das gemacht?“

Meine Freiburgsekretärin gestand, dass sie diesen dämlichen Weihnachtsmann schon seit einiger Zeit verspachteln wollte, es aber immer wieder hinaus gezögert habe, weil ihr das schwarze Kerlchen so leid tat.

Mitleidig schaute meine Annisekretärin meine Freiburgsekretärin an. Dann gestand sie, einen ganz spontanen Entschluss gefasst zu haben, der allerdings jetzt, mangels Weihnachtsmann, nicht mehr durchführbar war.

Nachdem ich den Plan meiner Annisekretärin gehört habe, musste ich feststellen, das meine Freiburgsekretärin gut daran getan hat, den Weihnachtsmann zu essen. Was, so wollte ich von meiner Annisekretärin wissen, denn daran so großartig sei, den Weihnachtsmann mit Senf zu füllen und dann samt Verpackung an die jaulende Tölle von oben zu verfüttern? Das sei doch Weihnachtsmannquälerei.

Dann schon lieber so wie es gekommen ist.

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