Fliehendes Jahr, in duftigen Schleiern
Streifend an abendrötlichen Weihern
Wallest du deine Bahn;
Siehst mich am kühlen Waldsee stehen,
Wo an herbstlichen Uferhöhen
Zieht entlang ein stummer Schwan.
Still und einsam schwingt er die Flügel
Tauchet in den Wasserspiegel,
Hebt den Hals empor und lauscht;
Taucht zum andern Male nieder,
Richtet sich auf und lauschet wieder,
Wie’s im flüsternden Schilfe rauscht.
Und in seinem Tun und Lassen
Will’s mich wie ein Traum erfassen,
Als ob’s meine Seele wär‘,
Die verwundert über das Leben,
Über das Hin und Wiederschweben,
Lugt‘ und lauschte hin und her.
Atme nur in vollen Zügen
Dieses friedliche Genügen
Einsam auf der stillen Flur!
Und hast du dich klar empfunden,
Mögen enden deine Stunden,
Wie zerfliesst die Schwanenspur
Aus: Gottfried Keller: Gedichte – Stiller Augenblick