Reliquien – Kuscheltiere für die Ewigkeit

Theo stört

Erinnern wir uns an unsere Kindheit! Die meisten von uns hatten als Kinder ein Kuscheltier, vielleicht waren es sogar mehrere, aber eines davon war immer unser allerliebstes. Das haben wir gar nicht losgelassen, und wenn man es uns weggenommen hat, dann haben wir geweint. Dabei war dieses Kuscheltier vielleicht gar nicht einmal das schönste, größte oder teuerste.

Msgr. Dr. Wilhelm Imkamp
Katholische Evergreens, sechs Fastenpredigten
Msgr. Dr. Wilhelm Imkamp

Worin lag der Wert des Kuscheltieres für uns? Die moderne Psychologie hat sich doch tatsächlich mit dem Kuscheltier beschäftigt und bietet uns eine ganz einleuchtende Erklärung: das Kuscheltier ist ein “Übergangsobjekt”; es hatte beim Kind die Funktion, die Trennung von der Mutter zu bewältigen.

Für das Körper-Ich und die psychische Entwicklung wird so das Kuscheltier ganz besonders wichtig. Das Kuscheltier wird zum “Übergangsobjekt” zwischen der inneren seelischen Welt des Kindes und der äußeren Realität. Es garantiert auf sinnfällige, zugleich aber doch auch schon symbolische Weise die Gegenwart der Mutter.

Die Psychologen sagen, dass unser Leben durch zwei Trennungen bestimmt sei: durch die Trennung von der Mutter und durch die vom Leben, nämlich den Tod. Geburt und Tod bedeuten Trennung.

So wie der Mensch die räumliche Trennung von der Mutter mit Hilfe des Kuscheltieres bewältigt, so können wir und so haben vor allem Menschen vergangener Jahrhunderte die Trennungsangst des Todes durch die Reliquien bewältigt. Reliquien werden so zu “linking objects” zwischen uns und der Welt der Toten, die in Wirklichkeit ja eine Welt der Lebenden ist.

Die Reliquienverehrung, die von den aufgeklärten Geistern aller Jahrhunderte immer verächtlich gemacht worden ist, als abergläubisches Kuriosum dargestellt wurde, erweist sich so gerade durch die moderne Psychologie als etwas Gesundes, der Psyche des Menschen Angemessenes.

Wieder einmal zeigt sich, wie menschlich richtig die Praxis des katholischen Glaubens ist. Unser Glaube und seine Ausübung machen nicht psychisch krank, nein, sie garantieren die Gesundheit der Seele, ja, sie haben einen heilenden Effekt.

Glaubenspraxis ist die beste Therapie. Das zeigt gerade die moderne psychologische Erklärung einer scheinbar so abstrusen Angelegenheit wie der Reliquien Verehrung. Nur im Glauben bewältigen wir den Tod als Öffnung zu einer neuen Dimension des Lebens. Und den Fortschritt, der uns das nehmen will, den soll wirklich der Teufel holen. Amen.

Aus:
Predigten aus St. Peter in München, Heft 2
Katholische Evergreens, sechs Fastenpredigten
Msgr. Dr. Wilhelm Imkamp
München, 1993

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