Das kleine Mädchen auf dem Fahrrad

Anni Freiburgbärin von HuflattichDas kleine Mädchen auf dem Fahrrad war ganz stolz, riesig stolz. Sie hatte es geschafft. Die Stützräder waren weg. Das kleine Mädchen konnte endlich wie die Erwachsenen auf zwei Rädern fahren. Und wie das ging. Hui, hier eine gekonnte Rechtskurve, dann nach links.

Das kleine Mädchen kam sich schon richtig erwachsen vor. Mal schnurrte sie an ihren Eltern vorbei, wenige Meter danach drehte sie, Linkskurve, und düste hoch erhobenen Hauptes an Mama und Papa vorbei in die andere Richtung.

Leute kamen vorbei und warfen dem kleinen Mädchen bewundernde Blicke zu. „Du kannst richtig gut Radfahren“, sagte ein vorbeigehender Passant und die Nase des kleinen Mädchens ging noch einige Zentimeter nach oben. Doch das war ein kleines Stück zu viel. Padautz! Der Bordstein setzte den fahrradtechnischen Leistungen ein unerwartetes Ende. Eine Nasenbremsung der schmerzhaften Art. Das Geschrei des kleinen Mädchens war groß. Bald wurde sie fürsorglich in den Arm genommen und getröstet, aber nie mehr wieder wollte das kleine Mädchen auf Rad steigen. So zumindest sagte sie, als ihr Freund, der kleine Bub von nebenan „wie siehst du denn aus, mit dir spiele ich aber nicht mehr“ sagte und verschwand.

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Das kleine Mädchen war erschüttert. Dabei hatte sie sich gefreut, war richtig gehend stolz. War der Stolz verkehrt? Der Stolz ist ja eine Ursünde, hatte das kleine Mädchen gesündigt und deshalb die Strafe erhalten?

Was für ein Quatsch. Jeder Mensch darf, jeder Mensch muss stolz sein, wenn er etwas außergewöhnliches macht. Wenn ein Mensch lernt Fahrrad zu fahren, dann darf er stolz sein. Wenn ein Mensch gutes leistet, das Abitur, das Diplom schafft, dann darf er aus gutem Grund stolz sein. Dieser Stolz ist keine Sünde. Ganz besonders stolz darf der Mensch sein auf seine katholische Religion, die einzige Religion, die von Gott selbst für den Menschen gestiftet wurde.

Sicher, mit dem Stolz ist es eine zwiespältige Sache. Auf Gutes darf man stolz sein, auf Böses nicht, das muss man hassen.

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Aber auch der Stolz auf das Gute hat seine Tücken. Dann, wenn man vergisst, dass bei noch so großer Freude, bei noch so großem Stolz die Fallstricke der Versuchung immer und überall ausgelegt sind und nur darauf warten, dass man in die Falle tritt.

Also! Sei stolz, so oft du es kannst und du einen guten Grund hast. Aber sei immer wachsam. Nur so kommst du nicht ins Straucheln.

Wie komme ich jetzt auf diese Erinnerung an längst vergessene Begebenheiten mit Menschen zu denen seit Jahrzehnten kein Kontakt mehr besteht. Ganz einfach: Gerade eben sah ich vom Balkon aus auf der Straße ein kleines Mädchen auf dem Rad fahren. Stolz die Nase in die Luft gereckt. Das kleine Köpfchen mit einem bescheuerten Fahrradhelm geschützt. Vor Nasenbremsungen helfen die bekloppten Helme kein bisschen.

q. e. d.

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